Montag, 19. Juni 2017

Achte darauf, was die Menschen nicht sagen.

Bali, Ubud

Es gibt Tage, an denen kommt es mir fremd vor
durch Straßen zu laufen, die ich doch so gut kennen sollte. 
Man kann sich nicht in seiner eigenen Heimat verlaufen. 
Ich würde blind den Weg nach Hause finden, aber will ich das-
Vielleicht brauche ich jemanden an meiner Hand.
Ja vielleicht.
Vielleicht brauche ich sie allerdings viel mehr um mich selbst festzuhalten.

Es gibt Tage, an denen kommt es mir so fremd vor, wieder zu schreiben. Ist schreiben nicht wie Fahrradfahren? Kann ich das wirklich verlernt haben innerhalb knapp eines Jahres? Eigentlich muss man doch nur die Gedanken aufs Papier fließen lassen, das Karussell darf sich ganz normal weiterdrehen. Wieso die Angst so genau hinzuhören und alles niederzuschreiben. Angst vor der Wahrheit, vor der Zeit, vor dem, was ich geworden bin. 

Es kommt mir fremd vor, wieder am Klavier zu sitzen, meine Gitarre zu stimmen. Dabei ist Musik alles für mich. Wieso können meine Finger nicht einfach über die Klaviatur fliegen wie früher?
Der Klavierstuhl fühlt sich merkwürdig an, die weißen und schwarzen Tasten sprechen nicht mit mir.
Erlaube ich mir hinzuhören?
Hole ich Noten, erwarte ich, dass auf einmal alles von alleine kommt. Es passiert nichts und ich habe das Gefühl, meinen liebsten Schimmel zu enttäuschen.

Es gibt Tage, an denen kommt es mir sogar fremd vor, von bekannten Menschen umgeben zu sein. Fremd zu sprechen, fremd teilzuhaben, so weit entfernt von dem, was sie sagen.
Kann man sich aus den Augen verlieren, wenn man sich gegenüber sitzt? 

Ich liebe Musik, ich liebe wundervolle Gespräche, aber manchmal darf es still sein. 
Muss es sogar. 
Und das weiß ich jetzt.
Still um mich herum, sodass es still werden kann in meinem Kopf.
Ich höre mein Herz schlagen und langsam kommt alles wieder zurück.
Stück für Stück. 
Ich beginne wieder zu erkennen; was ich liebe, wer ich bin.

India, Palolem
Viel zu hoch sind die Ansprüche an uns selbst und viel zu sehr bremsen wir uns selbst aus. Antriebslosigkeit und zu hohen Erwartung, absoluter Lähmung. 
Bedrückende. Taub. Nicht ruhig still, schreiend still, tonlos.
Alles ist zu viel. Keine Zeit.

Angst, die richtigen Töne und Worte zu finden, ja überhaupt ganze Sätze zu bilden geschweige denn zu spielen. 
Angst richtig zuzuhören, zu erkennen.
Ist Stille denn so etwas schlimmes, so angsteinflößend, engt sie dich wirklich so sehr ein? 

Für mich darf es still sein. 
Muss es sogar.
Und das weiß ich jetzt.
Einfach dasitzen und lauschen. 
Man erkennt oft so viel mehr.

Setz dich doch zu mir.
Achte darauf, was die Menschen nicht sagen.


Dann erzähle ich dir von meiner Reise.

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